Gruß in der Osterfestzeit

“Deep River, My Home Is Over Jordan …“
(5. Buch Mose 32,11)

   … das ist der Titel eines bekannten afro-amerikanischen Spirituals, in dem sich vor allem auch die Sehnsucht der Menschen widerspiegelt, für die nicht zuletzt die Bürgerrechtsbewegung in den USA der 1950er und 1960er Jahre einsetzte. Eine Sehnsucht nach einem normalen, anständigen Leben. Eine Sehnsucht, die aber auch ins Ungewisse führte, auf jeden Fall aber in die Zukunft. Und die würde eine andere sein, als die Gegenwart und die Vergangenheit, die sie bisher kannten.

Robert Maier

   Das Leben ist wechselhaft. Immer wieder müssen wir uns auf neue Lebensabschnitte und neue Herausforderungen einstellen. Das ist besonders jetzt spürbar, wo von solch neuen Herausforderungen nicht nur wir in unserem Land betroffen sind, sondern alle Menschen auf der Welt herausgefordert sind. Wo es wichtig ist, eine Vision zu haben, eine Zukunft zu sehen jenseits des „Deep River“, des „Flusses mit seinen ungewissen Tiefen“, der uns jetzt noch davon trennt. Eine Zukunft, von der auch wir heute schon sagen können, sie wird anders sein. Anders zumindest aufgrund der Erfahrungen, die dann hinter uns liegen.

   Im Wechselspiel des Lebens kann man oft nicht eindeutig sagen, ob es vorher besser oder schlechter war und ob das, was kommt, zwingend besser oder schlechter sein wird, als das, was wir kennen. Ein einigermaßen objektives Urteil gelingt meist erst im Nachhinein.

   Sicher ist nur, bei jedem Übergang auf unserem Lebensweg, beim Schritt vom einen ins andere ändert sich etwas. Das ist der Weg des Lebens im Einzelnen und der Geschichte aller Menschen. Und darum machen Übergänge auch häufig solche Angst. Die Herausforderung des Übergangs den bezeichnet das Wort „Krise“. Das ist die Bedeutung dieses Begriffs im positiven wie im negativen Sinne.

   Auch als das Volk Israel, als es nach 40 Jahren Leben in der Wüste am Jordan stand, kurz vor dem Übertritt ins „Gelobte Land“, dem Ziel des Weges, spürten sie diese Angst. Sie gerieten in die Krise, obwohl sie doch kurz vor der Erfüllung der Verheißung standen; kurz vor der Heimat, dem Leben, das sie sich wieder wünschten. Denn „Wüste“, das waren sie jetzt gewohnt, das gab ihnen Sicherheit!

   Aber wie wird es sein auf der anderen Seite. Macht „Wohlleben“ wirklich glücklicher?

   Die Angst vor dem neuen Morgen, der Ungewisses bringt. Hier braucht es Zuspruch. Unser Glaube markiert unseren Lebensweg. An den Meilensteinen unseres Lebensweges im Leben gibt es solchen Zuspruch. Da ist die Taufe, meist am Anfang; dann mit dem Erwachsenwerden die Konfirmation; beim Schritt in die Partnerschaft einer Ehe gibt es die Trauung; und am Ende beim Schritt ins „Ewige Leben“ die Trauerfeier. Der Zuspruch, der da laut wird ist ein Segenswort.

   Auch Mose, der auf dieser Seite des Jordan zurückbleiben wird, gibt seinem Volk einen solchen segnenden Zuspruch mit. Im 32. Kapitel des 5. Buch Mose ist sein Lied überliefert. Ein strenges und ein mahnendes Lied auch. Aber auch eines, wo es heißt: „Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, so breitete er, Gott, seine Fittiche aus und nahm ihn, Jakob, sein Volk, und trug ihn auf seinen Flügel“.

   In zwei Wochen würden wir normalerweise in unserer Gemeinde Konfirmation feiern. Dieses Jahr nicht, sondern wohl erst spät im Herbst. Aber auch wenn wir jetzt unsere gewohnten Feiern zu den Übergängen im Leben gerade nicht oder nur eingeschränkt begehen können, gilt dieser alte Segenszuspruch des Mose auch unausgesprochen. Das hilft, das trägt uns ins nächste Kapitel unseres Lebens, unserer Geschichte, das wir mit Gewissheit schreiben werden. Eine Gewissheit, die uns hinübertragen möge über alles, was uns heute noch im Wege steht. - Mit Gottes Hilfe.

   Amen.

Dammbruch in Botswana

Wenn die Straße einfach weg ist … Dammbruch, Botswana 2011, Foto: Robert Maier